top of page
  • AutorenbildFreiwillige:r Bistum Hildesheim

Einleben in meinem Projekt in San Ignacio de Velasco

Nach dem vierwöchigen Sprachkurs in Santa Cruz bin ich in der Nacht vom 7. und 8. September 2019 in meinen Einsatzort San Ignacio de Velasco gefahren. Der Abschied von meiner Gastfamilie und meinen Freunden in Santa Cruz war schon ein bisschen traurig - ich habe sie in den vier Wochen wirklich lieb gewonnen.


Die Fahrt nach San Ignacio war sehr abenteuerlich für mich, weil ich alleine gereist bin und gute acht Stunden im Bus saß, in denen ich kaum schlafen konnte. Als ich dann ankam, war ich mir zuerst nicht sicher, ob das jetzt wirklich San Ignacio war, weil mich niemand am Terminal erwartet hat - irgendwie hatte ich damit gerechnet. Dann wurde ich aber eine halbe Stunde später von meiner Gastmutter und ihrem Sohn abgeholt, nachdem ich sie angerufen hatte.

San Ignacio ist ganz anders als Santa Cruz - das habe ich gleich am ersten Tag gemerkt. Es ist viel ruhiger, super heiß, Haupttransportmittel ist das Motorrad. Meinen Chef habe ich auch direkt am ersten Tag kennengelernt und war mit meiner Gastmutter bei ihm zum Essen eingeladen.

Am folgenden Montag hatte ich dann meinen ersten Arbeitstag in der Schule Facundo Flores, wo ich super herzlich empfangen wurde. Jeden Montagmorgen ist in der ersten Stunde eine Versammlung aller Schüler:innen und Lehrer:innen der Schule, in der gemeinsam gebetet wird, die Flaggen gehisst werden, ein bestimmter Kurs etwas vorträgt und der Schulleiter eine kurze Rede bezüglich der kommenden Woche hält. So wurde an diesem Montag zusätzlich die deutsche Flagge gehisst und ich habe mich als die neue Freiwillige vorstellen können. Nach einer kleinen Foto-Session mit selbstgebastelten Willkommens-Plakaten, haben dann alle mit dem Unterricht begonnen.


In den folgenden Wochen bin ich mit allen Lehrerenden der Unterstufe und teilweise der Oberstufe in ihren Klassen mitgelaufen. Unterstufe steht hierbei für erste bis sechste Klasse und Oberstufe für siebte bis zwölfte Klasse. Ich habe dann oft im Unterricht zugeguckt, den Kindern geholfen oder teilweise auch selber kleine Unterrichtseinheiten in Englisch gegeben. Meine Arbeitszeit war montags bis freitags von 7.30 bis 12 Uhr und zusätzlich mittwochs von 14 bis 17 Uhr. An den meisten Nachmittagen hatte ich dementsprechend nichts zu tun und habe dann mit der anderen Englischlehrerin, die erst 25 Jahre alt ist und zu einer guten Freundin wurde, zusammen an zwei Nachmittagen freiwillig in der Förderschule nebenan gearbeitet. Das hat mir super viel Spaß gemacht.


Ansonsten bin ich öfter mit meiner Gastmutter zum Basketballtraining gegangen. In ihrer Mannschaft spielen ausschließlich Lehrerinnen von verschiedenen Schulen aus San Ignacio.

Empanadas sind frittierte Teigtaschen, in denen sich Käse befindet. In Bolivien sind sie an jeder Ecke zu finden.
Empanadas de queso

Abends war ich des Öfteren auf Geburtstagen von Kolleg:innen, wo viel gesungen und getanzt wurde. Die Lehrkräfte der Schule veranstalten auch oft Bingo-Abende, wo ich einmal ein Drittel eines gekochten Hähnchens gewonnen habe - darüber konnte ich mich als Vegetarierin natürlich vor Freude kaum halten.


Aber dafür ich habe gelernt, wie man Empanadas mit Käse zubereitet - die gibt es immer und überall und sind sehr lecker.


Zudem war ich noch auf anderen Veranstaltungen, wie zum Beispiel auf einer Coronación, wo verschiedene Schülerinnen einer Schule zu Königinnen gekrönt wurden. Die wichtigste ist dabei die Königin des Frühlings, weil diese Veranstaltungen meist zum Frühlingsanfang stattfinden. Neben den Krönungen werden an diesem Abend auch noch Tänze von verschiedenen Kursen der jeweiligen Schule vorgeführt.

Das ist eine Coronación, wo gerade alle Königinnen mit ihren Königen tanzen. In der Mitte sieht man die Königin des Frühlings - die Hauptperson des Abends.

Außerdem war ich auf der Baby-Shower-Party der Tochter meiner Gastmutter, was eine sehr interessante Erfahrung war. Zum einen sollte die Party um 16 Uhr beginnen und hat dann tatsächlich erst um 19 Uhr begonnen. Es gab super viel, super pinke Deko und eine Party-Animateurin, die Spiele angeleitet hat. Insgesamt ein recht lustiger Abend mit viel Essen und vielen Geschenken für die fast-Mutti.


Das hier ist die Represa von San Ignacio. Dort, wo ich stehe, um das Foto zu machen, war vor ein paar Jahren noch Wasser. Insgesamt ist das Ufer um ca. 25 Meter zurückgegangen.
Represa

In San Ignacio gibt es ein paar Sehenswürdigkeiten, die ich gesehen habe. Zum Beispiel die Plaza mit der Kathedrale, zwei andere Kirchen, einen kleinen Cristo, eine Grotte und die Represa (das Wasserrückhaltebecken, das den gesamten Ort mit Wasser versorgt).

Die Represa zu besuchen, ist ziemlich traurig, weil sie viel weniger Wasser beinhaltet als noch vor ein paar Jahren und das kann man auch deutlich sehen. Zusätzlich haben täglich mehrere Hubschrauber Wasser daraus abgepumpt, um damit die Waldbrände in der Umgebung zu löschen. Mehr über das Thema Waldbrände und meine Erfahrungen damit findest du in dem Blogeintrag „Waldbrände, Wasserarmut, „Entwicklungsland?“ - meine hautnahe Erfahrung“.


Allgemein hatte ich in San Ignacio aufgrund des Rauchs der Waldbrände und auch aufgrund der Hitze ziemliche gesundheitliche Probleme und war die ganzen fünf Wochen, in denen ich dort war, krank. Auch mit meiner Gastfamilie hatte ich einige Probleme und mir ging es insgesamt gesundheitlich und psychisch nicht gut, weswegen ich schließlich den Ort bzw. das Projekt wechselte.


(Mehr zu meinem Projektwechsel in dem Blogeintrag "Projektwechsel während der starken politischen Unruhen")


~Sophie Bittner

51 Ansichten
bottom of page