Freiwillige:r Bistum Hildesheim
Erste Wochen im fremden Land
Am 1. August bin ich also mit sechs anderen Freiwilligen vom Flughafen in Frankfurt losgeflogen. Bei unserem ersten Zwischenstopp in Madrid hatten wir unerwartet einen etwas längeren Aufenthalt. Über Nacht ging es schließlich nach Santa Cruz und von dort aus weiter nach La Paz.

Dort wurden wir dann super nett von ein paar Mitgliedern der hermandad, zum Beispiel von Isabel, unserer Koordinatorin, am Flughafen empfangen und sind direkt alle in unsere Unterkunft - ein Kloster - gefahren, in dem jede:r sein eigenes Zimmer hatte. Dann haben wir erstmal zusammen gefrühstückt und versucht, uns mit Coca-Tee aufzuwärmen. Der soll gut tun bei Beschwerden in der Höhe - La Paz liegt auf etwa 3500 bis 4000 Metern.
In den nächsten Tagen haben wir ein bisschen die Stadt erkundet, weitere Seminar-Einheiten zu verschiedenen Themen gehabt und nochmal genauer über unsere Einsatzstellen gesprochen. Am 5. August sind dann auch die Freiwilligen aus Trier angereist, die wir teilweise schon von Seminaren in Deutschland kannten.
Abends saßen wir nach einer kalten Dusche (bei 5 Grad Außentemperatur) gemeinsam mit dicker Jacke, zwei Decken pro Person, Coca-Tee und Keksen von den lieben Schwestern aus dem Kloster vor dem Heizstrahler und warteten darauf, dass die Uhr endlich 20 Uhr zeigt, damit wir nicht allzu früh schlafen gehen.

Insgesamt hatten wir ein paar schöne Tage in La Paz, wobei wir jeden Abend völlig k.o. ins Bett gingen. Auf 3500 Metern einen Städtetrip zu machen, ist doch sehr anstrengend - schon nach fünf Treppenstufen waren wir völlig aus der Puste. Zusätzlich hing uns der Jetlag noch ganz schön in den Knochen.
Hier jetzt ein paar Eindrücke aus La Paz:
Am 07.08. ging es dann schon für sieben von uns Freiwilligen mit einer 18-stündigen Busfahrt, einem Höhenunterschied von 3000 Metern und einem Temperaturunterschied von 20 Grad nach Santa Cruz für einen vierwöchigen Spanischkurs.
Hier haben wir fast alle in einer Gastfamilie gewohnt - ich zu meinem Glück in einer vegetarisch-kochenden. Wir hatten immer morgens von 9 bis 12 Uhr unseren Sprachkurs, der leider nicht so hilfreich war, und in der restlichen Zeit habe ich alles mitgemacht, was meine Gastfamilie so unternommen hat.
Zum Beispiel engagiert sich meine Gastschwester (19 Jahre) in der Kirche als Betreuerin für Kinder und Jugendliche. Diese Gruppe der Betreuer:innen („Oratorio“) unternimmt sehr viel: es gab eine 80er-Jahre-Party für Kinder und Jugendliche, wobei viel getanzt und auch Spiele gespielt wurden, ich war auf einem Geburtstag und habe bei einem kurzen Theaterstück mitgespielt, das im Rahmen einer Theaterwoche in einer Schule aufgeführt wurde. Im „Oratorio“ habe ich meine ersten neuen Freund:innen gefunden.

Unter anderem habe ich auch beim Zubereiten des Masaco geholfen. Dieses hier ist aus gekochter Yuca-Wurzel (Maniok), die dann gestampft und mit Käse vermischt wird, wahlweise auch mit Fleisch. Das ganze gibt es auch noch aus Bananen, die dann vor dem Stampfen frittiert werden.
Ansonsten war ich schon öfter im Zentrum der Stadt unterwegs, das eine super schöne Plaza mit großer Kathedrale hat, im Botanischen Garten, im Kino, bei einer Tanzveranstaltung, wo verschiedene traditionelle Tänze gezeigt wurden - natürlich auch mit traditionellen Kostümen und Requisiten dazu - und in dem kleinen Ort Cotoca, der ca. 20 Kilometer von der Stadt entfernt ist.

Am Ende der vier Wochen in Santa Cruz gab es dann einen Abschluss-Gottesdienst, bei dem alle Freiwilligen, die in Santa Cruz ihren Sprachkurs gemacht haben und alle Mitglieder der Hermandad aus Santa Cruz anwesend waren.
Was uns alle zu dieser Zeit sehr beschäftigt, sind die Waldbrände im Amazonas-Gebiet, die auch Teile der Chiquitania im Osten Boliviens und damit auch Orte wie San Ignacio de Velasco, also meinen späteren Einsatzort, betreffen. In meiner Gastfamilie sind die Brände täglich Thema beim Abendessen gewesen und auch im Zetrum der Stadt und in Supermärkten sieht man Orte, an denen Spenden in Form von Lebensmitteln und Wasser für die betreffenden Regionen gesammelt werden.
Was mich in Bezug zu diesem Thema etwas geschockt hat, war, dass die Waldbrände in deutschen Medien erst ca. zwei Wochen später thematisiert wurden und viele meiner Freund:innen und Familienmitglieder davon gar nichts mitbekommen hatten und wenn, dann eben erst viel später oder von mir - so unterschiedlich kann die Wahrnehmung einer Situation sein und durch Medien beeinflusst werden. Als nicht direkt betroffene:r Deutsche:r bekommt man dadurch das Gefühl, die Situation betreffe einen überhaupt nicht - zumindest war das der Eindruck, den ich bekommen habe.
Auf dieses Thema bin ich im Blogeintrag „Waldbrände, Wasserarmut, „Entwicklungsland?“ - meine hautnahe Erfahrung“ nochmal genauer eingegangen, da ich in San Ignacio direkt damit konfrontiert war und intensivere Erfahrungen gemacht habe.
Fürs Erste reicht es aber an dieser Stelle und ich hoffe, dass ihr eine kleine Vorstellung davon bekommen konntet, wie die ersten Wochen in Bolivien für mich aussahen.
Insgesamt kann ich sagen, dass ich die Zeit in Santa Cruz wirklich genossen habe - ich habe mich einfach in die Stadt verliebt und wäre gerne noch länger da geblieben. Letztendlich habe ich mich aber auch darauf gefreut, das Leben in einem etwas ländlicheren Gebiet kennenzulernen und mit der tatsächlichen Freiwilligenarbeit zu beginnen.
~Sophie Bittner