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  • AutorenbildFreiwillige:r Bistum Hildesheim

Gastfamilie, Ausflüge, Bus fahren - ein Zuhause entsteht

Nach meiner Einführungswoche in La Paz ging es mit einem riesigen Reisebus (mit großen Ledersessel, die man bis auf 180 Grad umklappen kann ohne die Person hinter dir zu stören!) 16 Stunden nach Santa Cruz. Die Landschaft veränderte sich total, hier gibt es nur wenige Berge, dafür aber umso mehr Palmen. Und auch das Wetter ist zum Glück wärmer.

Zu sehen ist eine Grünfläche mit vielen Palmen drauf, durch die die Sonne durch scheint.
Santa Cruz-Palmen

Mir gefiel es hier von Anfang an sehr gut und ich fühle mich sehr wohl in Santa Cruz. Meine Gastmama und meine Gastschwester holten mich am Busterminal ab und gemeinsam fuhren wir in die Wohnung, die über einem kleinen Geschäft liegt. Über meinem Bett hängt ein Plakat auf dem in großen Buchstaben " Bienvenida a tu hogar en Bolivia" stand. Tja, mein Spanisch war leider noch nicht gut genug und ich musste erstmal nachfragen, was "hogar" eigentlich bedeutet. Wie Haus nur mit Emotionen, erklärte mir meine Gastschwester. Jetzt, einige Wochen später, kann ich sagen, dass dieses Haus und diese Familie wirklich ein Zuhause (die wörtliche Übersetzung von "hogar") für mich geworden sind. Ich habe einen eigenen Schlüssel, die Besitzerin des Ladens unten kennt mich mittlerweile auch, ich weiß welche Microbusse vor der Tür wohin fahren. Und das klingt wahrscheinlich einfacher, als es tatsächlich ist! Der Verkehr hier ist nämlich ein einziges Chaos. Regeln gibt's zwar, aber gehalten wird sich an diese nicht. Es läuft eher nach dem Prinzip wer am lautesten hupt, hat Vorfahrt. Als Fußgänger:in ist man selber dafür verantwortlich lebend die Straße zu überqueren. Gar nicht so einfach bei teilweise fünfspurigen Straßen. Auch das Micro fahren, ist etwas gewöhnungsbedürftig. Mit meinen 1,70 kann ich meistens gerade so aufrecht stehen. Und welcher Bus wohin fährt? Die Bolivianer:innen wissen das, aber woher weiß keine:r. Busfahrpläne gibt es auf jeden Fall nicht. Wenn man sich mal unsicher ist, fragt man eben einfach nach. Allerdings muss man dafür wissen, wie der Ort heißt, wo man hin möchte. Und Haltestellen? Die gibt es nicht. Ich stelle mich hier einfach an die Straße und sobald ich den Micro sehe, winke ich kurz und er hält an. Außer der Bus ist schon so voll, dass 2 Leute aus der Tür raushängen. Wenn ich aussteigen möchte, muss ich durch den ganzen Bus "Pare" (Stopp) rufen. Da sich die Fahrenden hier nie zu Schade für eine Vollbremsung sind, reicht es auch 3 Sekunden vor dem Ziel Stopp zu rufen. Ich hab mich zwar schon oft gefragt, ob das Microsystem effektiv ist, aber es macht Spaß und ich fühle mich ziemlich bolivianisch, wenn ich es schaffe alleine mit dem Micro von A nach B zu fahren. Und das mag ich.


Mein Spanisch hat sich auch schon um einiges verbessert. Normale Alltagssituationen sind eigentlich kein Problem mehr und dafür muss ich vor allem meiner Gastschwester Carla danken, die sich die erste Woche hauptsächlich damit beschäftigt hat mir Wörter zu erklären oder alles dreimal zu sagen, bis ich es verstanden habe. Außerdem gucken wir viele Filme auf Spanisch zusammen oder ich höre die spanische Musik der jüngeren Schwester Celeste. Der Sprachkurs den ich momentan montags bis freitags habe hilft auch, aber ich verbessere mich eher durchs Sprechen hier im Haus.

Ansonsten habe ich einen relativ normalen Alltag. Nach dem Unterricht gehe ich entweder mit den anderen Freiwilligen in eine der riesigen Malls hier oder esse typisch bolivianische Gerichte mit meiner Familie. Am Wochenende unternehmen wir immer zusammen was. Letzte Woche zum Beispiel haben wir das alte Haus der Familie aufgeräumt und für den Verkauf fertig gemacht.

Danach sind wir an einen Fluss (Bild) gefahren, an dem unglaublich viele Leute mit Anziehsachen schwimmen waren, Ball gespielt und Musik gehört haben. Und das alles ganz ohne Badeaufsicht, dafür aber mit Autos, Pferden und Motorrädern, die den Fluss passierten.

Man sieht einen breiten Erdweg, der geradewegs in einen breiten Fluss führt. Direkt am Ufer stehen zwei geparkte Autos. Im und am Fluss einige Menschen, die bekleidet ins Wasser gehen. Das Wasser reicht maximal bis zu den Knien. Der Himmel ist klar und an der Seite des Weges ragen ein paar Bäume raus.
Baden im Fluss

Heute sind wir Carlas Vater besuchen gefahren, der auf dem Campo (Land) wohnt. Nur etwa 50 km von der Stadt entfernt und trotzdem in einer ganz anderen Welt. Die befestigten Straßen hörten ca. eine Stunde vor unserer Ankunft auf. Der Minibus, der Carlas Onkel gehörte, war mit 20 Personen auf 16 Plätzen gut gefüllt und bei dem ein oder anderen Schlagloch habe ich mich schon gefragt, ob wir gleich nicht einfach zur Seite umkippen. Als wir dann noch durch einen ausgetrockneten Fluss fuhren, dachte ich wirklich, wir bleiben stecken und müssen im Nirgendwo schlafen, aber die anderen schienen die ganze Zeit über total entspannt, deshalb begann ich, auch mich zu entspannen. Und es hat ja auch alles funktioniert. Auf dem Campo selbst gab es weit und breit kein Handysignal und keinen Strom, um Licht zu machen. Dafür gab es aber Zuckerrohr, Orangen, Mandarinen, Ananas, Zwiebeln, Schweine, Gänse, Kühe und Hühner. Es gab auch fließendes Wasser und eine Feuerstelle. Es war ein sehr interessanter Ausflug und sehr schön für einen Tag, aber vorstellen dort zu leben, könnte ich mir nicht. Carlas Papa schien jedoch absolut zufrieden und glücklich zu sein dort und ich kann jetzt besser verstehen warum.


Überschattet wurden aber eigentlich alle Nachrichten in diesem Monat von den Waldbränden im Amazonas-Gebiet. In den Nachrichten wird überwiegend von Brasilien gesprochen, doch der Amazonas brennt auch hier in Bolivien. Das betroffene Gebiet, die Chiquitania, umfasst mittlerweile über eine Millionen Hektar. Die Bevölkerung macht sich zum einen Sorgen um die Natur, zum anderen wird das ganze politisch sehr aufgebauscht, da im Oktober die Präsidentschaftswahlen anstehen. Die Feuerwehrleute, Soldat:innen, Polizist:innen und Freiwilligen, die versuchen den Brand zu löschen, erhalten mittlerweile internationale Hilfsmittel und die Regierung schickt Helikopter, Flug- und Fahrzeuge. Außerdem wurde das größte momentan verfügbare Löschflugzeug der USA gemietet, dass inzwischen im Einsatz ist. Mich hat das Thema ziemlich beschäftigt diesen Monat und ich würde gerne helfen. Ich habe dazu folgende Tipps (neben Spenden), die jede:r ein wenig beherzigen kann: Papier- und Holzkonsum überdenken, Palmöl vermeiden, Fleischkonsum verringern, möglichst auf Milchprodukte verzichten, auf Regenwaldfreundlichkeit von Unternehmen achten, "Grüne Suchmaschinen" z.B. Ecosia statt Google nutzen. Danke:)

~Maja Hillermann

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